Bell Helicopter bot als Antwort auf das Demonstrationsprogramm der US Army Future Vertical Lift ein Tilt-Rotor-Flugzeug der dritten Generation


Die wichtigste Einsicht dabei ist, dass wir bei der Gestaltung digitaler Inhalte überhaupt keine direkte Kontrolle über den konkreten Einzelfall haben. Wir entwerfen unsere Layouts zu einem Zeitpunkt, zu dem die Inhalte noch nicht einmal wirklich existieren. Typografen und Gestalter können sich aber indirekte Kontrolle verschaffen, nämlich über den erwähnten Programmcode, der später die Inhalte auf den Bildschirm bringt. Da müssen wir Typografen und Gestalter jetzt unbedingt ansetzen und uns die Finger »schmutzig« machen und uns einmischen. Wir gestalten die »Regeln«, nach denen Inhalte formatiert werden, diese Kompetenz müssen wir uns neu erarbeiten und wieder voll an uns reißen. Programmcode ist nichts anderes als eine Abfolge von Anweisungen, Regeln und Entscheidungen – formuliert als Algorithmen. Der Programmcode bestimmt das Aussehen unserer Typografie.

Der viel größere Unterschied liegt in einer heute völlig neuen Arbeitsweise. Heute können wir nicht mehr über schlechte Bildschirmauflösungen sprechen, sondern müssen darüber nachdenken, wie die Buchstaben auf den Bildschirm gelangen. Und das passiert über die Software – über den Programmcode. Jahrelang rümpften Typografen ihre Nase über Bildschirme und deren Darstellungsqualität. Das ist heute aber kein Thema mehr. Abseits der Haptik stehen moderne Displays gedruckten Büchern in der Darstellungsqualität in nichts nach.

Heute lesen Menschen Buchstaben genauso wie ihre Großeltern noch vor 50 Jahren. An den Augen und Hirnen hat sich nichts wirklich Grundlegendes geändert. Die Anforderungen an Typografie sind größtenteils unabhängig vom Medium. Buchstaben bleiben Buchstaben, egal ob auf Papier oder auf Glas. Es ist heute eben genau dasselbe. Nur müssen gute Typografen heute wissen, wie Zeichenkodierung, Text-Parsing und »Reguläre Ausdrücke« funktionieren. Aber es bleibt dasselbe Prinzip: Wer etwas gestaltet, muss das Material verstehen, aus dem dieses »Etwas« besteht und die Werkzeuge beherrschen, die das zu bearbeitende Material formen.

In meinem Vortrag illustriere ich, wie der typografische Entwurfsprozess zukünftig abläuft. Wir leben schon alle in dieser Zukunft, sie ist nur leider bei vielen Typografen noch gar nicht angekommen. Um interaktive, dynamische Medien gestalten zu können, reicht es heute einfach nicht mehr aus, eine Design-Skizze in Sketch oder Illustrator fertigzustellen und sie dann dem Entwickler-Team zur Umsetzung zu überreichen und es hilft auch nicht, sich über digitale Systeme zu beschweren. Für richtig gute Entwürfe müssen wir Gestalter unbedingt die hinter Schriften stehende Technik beherrschen, eben so wie gute Typografen früher das manuelle Schriftsetzen beherrschen mussten. Es geht darum, unabhängig von irgendwelchen Entwickler-Launen auftreten zu können. Vor allem aber geht es darum, die kreativen Möglichkeiten nutzen zu können, die sich hinter einer technischen Gestaltungsexpertise und der damit verbundenen Programmierung verbergen.

Wer Drucksachen gestaltet, muss sich mit der Drucktechnik auskennen, sie oder er muss zum Beispiel über Papier nachdenken oder unterschiedliche Veredelungsverfahren kennen. Wer Möbel gestaltet, muss sich mit Werkstoffen beschäftigen, Produktionsverfahren verstehen, sich mit Ingenieuren abstimmen. Wer digitale Anwendungen gestaltet, muss mit der zu gestaltende Plattform vertraut sein, interaktive Prototypen bauen können und den Aufwand der technischen Umsetzung eines Entwurfs abschätzen können. Text ist die wichtigste Zutat für jede interaktive Anwendung. Ohne Text funktioniert auf der Benutzeroberfläche erstmal gar nichts. Text ist wichtig, auch wenn das viele nicht glauben möchten. Alle anderen grafischen Zutaten könnte ich weglassen. Es geht oft auch ohne Bilder, Icons, Farben oder Linien. Aber ohne das geschriebene Wort ist so ziemlich jedes User Interface unbrauchbar. Oft lesen wir über unsere User Interfaces nicht nur, sondern wir schreiben auch – und wenn es nur unsere Adresse in einem Bestellformular ist. Das würde ohne Text gar nicht funktionieren, da hilft auch kein Emoticon.

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